BIOGRAFIE: EIN SPIEL

BIOGRAFIE: EIN SPIEL

Biografie: Ein Spiel ist eine Odyssee durch das Leben; spannend wie ein Krimi, nachdenklich wie ein Kammerspiel und humorvoll wie eine Posse

Was die Wirklichkeit nicht gestattet, das gestattet das Theater: zu ändern, noch einmal anzufangen. Wenn das Leben, das man durchlebt hat, ein Entwurf wäre, zu dem die Wiederholung die Endfassung wird, was würden wir anders machen?

Hannes Kürmann bekommt diese Chance, von der wohl alle schon mal geträumt haben. Die vielleicht folgenschwerste Fehlentscheidung seines Lebens scheint Kürmann die Ehe mit seiner Frau. Gleich ihre erste Begegnung hätte vermieden werden müssen. Die erste gemeinsame Nacht sowieso, und niemals hätte er sich verlieben dürfen. Doch die Korrektur seiner Vita fällt ihm schwerer als gedacht. Immer wieder fällt er zurück in alte Verhaltensmuster und emotionale Verstrickungen, scheitert und versucht es erneut: «Ich weigere mich zu glauben, dass unsere Biografie, meine oder ihre, oder irgendeine, nicht anders ausgehen könnte. Vollkommen anders. Ich brauche mich nur ein einziges Mal anders zu verhalten …»

Das Leben als Entwurf, die existenziellen Fragen nach Identität, Zufall und Schicksal. Im Stück werden die zentralen Themen von Max Frisch auf der Bühne verhandelt. Wie in einer Endlosschlaufe stellt der Spielleiter die Frage: «Möchten Sie noch einmal anfangen?»

«Wahrheit ist dialektisch, es gibt eben nicht diese einfädige Wahrheit. Wenn ich etwas sage, fällt mir dazu jeweils eine Ergänzung, ein Fragezeichen, ein. Wahrheit ist ein produktiver Vorgang und nicht ein Dogma.» (Max Frisch 1984)

Fotos: Rolf Veraguth

DATEN

PREMIERE: Mi. 17. April 2024

WEITERE SPIELDATEN:
Do. 18.04. / Fr. 19.04. / Sa. 20.04. / So. 21.04. / Di. 23.04. / Do. 25.04. / Fr. 26.04. / Sa. 27.04. / So. 28.04.* / Di. 30.04. / Do. 02.05. / Fr. 03.05. / Sa. 04.05. / So. 05.05. / Di. 07.05. / Do. 09.05. / Fr. 10.05. / Sa. 11.05. / So. 12.05.2024
* Mit anschliessendem Publikumsgespräch

VORSTELLUNGSBEGINN:
Die Vorstellungen beginnen jeweils um 20 Uhr. Sonntags um 17.00 Uhr.

DAUER:  ca. 2 Std. inkl. 20 Minuten Pause

Die Abendkasse öffnet jeweils eine Stunde vor Beginn.
Unsere Theaterbar ist eine Stunde vor der Vorstellung für Sie geöffnet. Auch in der Pause und nach der Vorstellung freuen wir uns auf Ihren Besuch an unserer hauseigenen Bar.

«AUCH SIE HABEN NATÜRLICH DIE WAHL, AUCH SIE KÖNNEN NOCH EINMAL ANFANGEN – WENN SIE WISSEN, WAS SIE ANDERS MACHEN MÖCHTEN IN IHREM LEBEN!»

Wie wäre es wohl, sein Leben nochmal neu zu beginnen, frisch zu gestalten, einzelne Aspekte unserer Biografie zu ändern? Wäre das Segen oder Fluch? Oder vielleicht beides zugleich?
Wer wünscht sich nicht, den einen oder anderen Moment nochmal Revue passieren zu lassen, eine andere Abzweigung genommen, eine andere Entscheidung getroffen zu haben, im Wissen um die zukünftigen Konsequenzen anders handeln zu können? Ein Wort weniger, ein Blick mehr, einmal mehr Mut als Verstand, mehr Leidenschaft statt Rationalität, etwas ganz Verrücktes tun oder ein Ereignis noch vor seinem Beginn im Keim ersticken … die Liste ist wohl unendlich.
Stellen wir uns das vor.
«Die spielerische Darstellung der Möglichkeiten mit den Mitteln des Theaters, gibt dem Leben das zurück, was es durch die Festlegung der Wirklichkeit verloren hat: die Freiheit.» (Wikipedia, Biografie: Ein Spiel, Interpratation)
Ist diese Freiheit, alles mit dem perfekten Ausgang im Sinn gestalten, anpassen, verändern, aus den unzähligen Möglichkeiten auf dieser Welt wählen zu können, nicht auch eine Überforderung, eine unvorstellbare Aufgabe? Im Spannungsfeld dieser Dialektik und Ambivalenz nimmt unsere Inszenierung ihren Ausgang.

Max Frisch, sicherlich auch durch seine eigene Biografie und die Beziehung mit Ingeborg Bachmann geprägt, stellte mit seiner «Komödie der Handlung» diese Fragen, und wir werden ihnen in unserer Arbeit nachgehen. Frisch legte eine Versuchsanordnung vor im Kontext einer der existentiellsten Fragen der Menschheit: Wenn ich etwas an meinem Leben ändern könnte, was wäre es und welchen Verlauf hätte mein Leben nehmen können? Er thematisierte damit die Möglichkeit oder vielmehr Unmöglichkeit eines jeden Menschen, sein Leben zu ändern.
Wir begleiten den Protagonisten Hannes Kürmann bei dem Versuch, seine Liebe zu Antoinette zu vergessen, die Beziehung mit ihr nie eingegangen zu sein, um den einen entscheidenden Moment in seiner Biografie zu verändern, der aus seiner Sicht sein Leben bestimmend geprägt hat. Wir begeben uns mit ihm aber auch auf die Reise nach unseren eigenen Flecken, jenen vermeintlichen Momenten, die wegweisend und ausschlaggebend dafür waren, wer wir sind und worin unsere Identität besteht. Die Bühnensituation erlaubt es uns, Leben zu spielen. In diesem Fall umso mehr, da wir uns in eine Versuchsanordnung begeben, die exemplarisch auch die Grundsituation «Theater» spiegelt und vorführt, dass auf der Bühne (des Lebens) zunächst einmal alles möglich ist. Wir zeigen ein Spiel der Möglichkeiten, in dem jede Variante eine Alternative zur
Realität ist.
Biografie: Ein Spiel öffnet uns die Tür zu einer nicht endenden Probe, in der das Phänomen Spiel in all seinem Variantenreichtum im Zentrum steht.

SOPHIA AURICH – REGISSEURIN

Der Autor – Max Frisch

Max Rudolf Frisch wird im Mai 1911 in Zürich geboren. Schon als Teenager schreibt er Theaterstücke und andere Texte, die aber nie veröffentlicht wurden. Trotz seiner Leidenschaft für das Schreiben, studiert Max Architektur. In dieser Branche arbeitet er auch eine ganze Weile bevor er sich entschliesst, sich komplett dem Schreiben zu widmen. Frisch lebt ein bewegtes Leben, mag keinen Stillstand, weshalb er immer wieder seine Heimat verlässt, um einige Jahre in Grossstädten wie New York und Rom zu leben. Seine Verbundenheit mit der Schweiz zeigt sich in seinen diversen kritischen Texten, seinen Tagebüchern, seinen Ideologien. Diese ist es auch, die ihn immer wieder zurück in die Heimat zieht. Selbst nie Mitglied einer Partei, sind dafür oft seine Protagonisten den Kommunisten nah. So sieht er sich selbst als «Kritiker, der das Gewissen wachhält. Der sich selbst und der Welt um sich herum bewusst macht, dass die Welt verändert werden muss.» Es brauche sowohl den Aktivisten als auch den nicht aktiven Kritiker der Gesellschaft.

Welterfolg erreicht Max Frisch insbesondere mit seinen Romanen – unter anderen Stiller, Homo faber und Mein Name sei Gantenbein. Zu seinem besonders bekannten Werk zählen auch die Stücke Biedermann und die Brandstifter und Andorra oder seine Tagebücher. Frisch beschäftigt stets das menschliche Dasein, die Identität der Menschen, die Frage, ob es denn nun einen Sinn gibt, ob es Schicksal gibt oder alles bloss dem Zufall unterworfen ist. So ist Biografie: Ein Spiel ein exemplarisches Stück für sein Schaffen. Im April 1991 stirbt Max Frisch in seiner Heimatstadt. Mit Biografie: ein Spiel zeigt das Theater Matte erstmals ein Stück von ihm. Die erste Uraufführung wurde nie gezeigt, weil sich der Autor und der Regisseur nicht einig waren, wer das Stück versteht. Mal sehen, wie’s im Theater Matte läuft…

Zurück